Akutes Trauma und Krisen

Falls Sie akut  von Trauma betroffen sind, leiden Sie möglicherweise unter sehr starken Gefühlen, ohne sich selbst beruhigen zu können. Die Zustände überschreiten das gewöhnliche Ausmaß an Gefühlen oft bei weitem, es ist ein Ausnahmezustand. Sie können sich selbst nicht verstehen und die Menschen um Sie herum verstehen Sie und Ihre Reaktionen ebenfalls nicht. Insbesondere folgende Symptome sind typisch: 

- Übererregung, verbunden mit Angst und Schrecken oder Wut und Aggressionen, dem Drang zu reden, körperliche und seelische Unruhe, Rastlosigkeit 

- Erinnerungen an das Ereignis oder Teile davon überwältigen Sie, ohne dass sie das verhindern können

- Sie haben Schlafstörungen und Alpträume in Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis

- starke Gefühle ohnmächtig, hilflos, ausgeliefert, überfordert zu sein

- Schreckhaftigkeit und Konzentrationsstörungen

- Angst, dass es wieder geschehen könnte, Vermeidung des Ortes oder der Umstände

- Gefühl der Gefühllosigkeit, emotionale Abstumpfung, körperliche Empfindungslosigkeit, Gefühl der Abgetrenntheit von sich, den Menschen, der Welt

- starkes Bedürfnis nach Rückzug, Erholung, Schonung

- das Gefühl, dass etwas innerlich zerbrochen ist oder außer Fassung geraten ist

Die Ereignisse, die solche Reaktionen verursachen, können sehr unterschiedliche Einbrüche in die normale Lebenswelt sein, zum Beispiel Unfälle, auch das Miterleben von Unfällen anderer, Überfälle, Gewalt, Vergewaltigung, Raubüberfälle, Wohnungseinbrüche, plötzlicher Tod oder unerwartetes Auftreten einer vielleicht tödlichen Krankheit. Obwohl die Reaktionen manchmal unverhältnismäßig scheinen, müssen sie ernst genommen werden, um nicht chronisch zu werden.

Sie sollten zunächst wissen, dass es sich um normale biologische Reaktionen auf ein außergewöhnliches Ereignis handelt. Diese Reaktionen sind viele Millionen Jahre alt und allen Säugetieren eigen. Deshalb treten sie unabhängig von Bildung und Persönlichkeit auf und übergehen die normale Steuerung durch den bewussten Verstand. Die Reaktionen stellen Schutz- und Rettungsversuche dar. Sie können das besser verstehen, wenn Sie die Symptom-Seite studieren.  Versuchen Sie also vorübergehend, die Symptome zu akzeptieren, in dem Wissen, dass sie normal sind und sich von allein abbauen können. 

Geben Sie den Reaktionen hinreichend Raum, damit sie "stattfinden" und sich abbauen können. Halten Sie gleichzeitig Kontakt zur "normalen" Welt um Sie herum, den Menschen, dem Lebensrhythmus, alles was vertraut und gewohnt ist hilft, auch wenn Sie es nicht gleich so empfinden. 

Es kann gut sein, die Tagesabläufe wie gewohnt weiterzuleben, auch die Arbeit und die Aufgaben, wenn Sie sich dadurch nicht überfordert fühlen. Aber Sie und Ihre Umgebung soll wissen, dass Sie für eine Zeitlang nicht so effizient und konzentriert arbeiten können wie gewohnt. Sie können den Menschen in Ihrer Umgebung sagen, dass Ihnen etwas außergewöhnlich belastendes geschehen ist, aber folgen Sie nicht der Neugier der anderen, indem Sie darüber berichten. Sagen Sie, dass Sie vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt darüber sprechen können. 

Wenn Sie das Bedürfnis haben über das zu sprechen, was Ihnen geschehen ist, wählen Sie bewusst Menschen aus, denen Sie zutrauen, das auszuhalten, genügend Zeit, einen guten Ort. Sprechen Sie nur soviel darüber, wie Sie selbst vertragen können, anfangs ist die Schilderung von Einzelheiten eine Überforderung und verstärkt die Symptome. Arbeiten Sie sich schrittweise innerhalb von mindestens einigen Wochen von bloßen "Überschriften" zu den belastenden Einzelheiten vor, statt einfach nur "überzusprudeln". Vermeiden Sie aber auch, das "Thema" gänzlich zu meiden. Wenn keine Verarbeitung stattfindet, wird es innerlich eingeschlossen und kann später immer wieder aufbrechen. 

Besonders wichtig ist die Toleranz und Unterstützung der Menschen, die Ihnen nahe stehen und mit denen Sie täglich zu tun haben. Diese sollten Sie über Traumafolgen informieren und um ihre Unterstützung bitten. Gute Unterstützung durch Menschen, die Verständnis haben und die Folgen mittragen, ist wissenschaftlich belegt der wichtigste Faktor, um Traumafolgen gänzlich überwinden zu können. Damit sie verständnisvoll sein können, müssen sie aber auch verstehen, deshalb braucht es für Sie und Ihre Umgebung gute Informationen über Trauma und die Folgen.

Um Ihnen wirksam zu helfen, alle Reaktionen abzubauen, empfehlen wir fachkundige Begleitung, je früher, desto besser kann die Verarbeitung in eine gute Richtung gelenkt werden. Auch eine "Nachlese" im Abklingen von traumatischen Ereignissen kann sinnvoll sein. 

- Ärzte und Notfallhelfer kennen sich zwar mit dem Unfall oder den körperlichen Aspekten einer Gewalttat aus, Polizisten mit der Aufnahme eines Wohnungseinbruchs und der Täterverfolgung, aber selten mit den psychischen Folgen. 

- Erste Hilfe geben manchmal Notfallseelsorger, die auch über die Kirchen erfragt werden können oder sie von sich aus aufsuchen. 

- Wenn Sie Opfer einer Straftat geworden sind, können Sie sich an die Regionalstelle des Weissen Rings wenden. Diese können auch Beratungsscheine vergeben für juristische Beratung und Psychologische Betreuung, die zumindest eine Krisenhilfe abdecken können.  

- Über die Krankenkassen können Sie die Adressen von Psychologischen Psychotherapeuten erfragen. Diese haben den wichtigen Vorteil, über die Krankenkasse abrechnen zu können. Jedoch haben wir in der Praxis oft erlebt, dass die Krankenkassen keine Liste speziell für traumatherapeutisch geschulte PsychologInnen haben. Außerdem sind die Wartezeiten oft zu lang und die traumatherapeutische Fortbildung und die Erfahrung im Bereich Trauma teilweise ungenügend. Trauma ist (noch) nicht Teil der normalen psychotherapeutischen Ausbildung, und unfachgemäße Therapie kann mehr schaden als nützen.

- Die TherapeutInnen dieser Liste sind geschult und werden sich in der Regel bemühen, zeitnah erste Termine zur Verfügung zu stellen. Sie rechnen jedoch privat ab, werden also nicht von den Krankenkassen übernommen.

- Wenn die Symptome sehr krisenhaft sind, wird manchmal ein Klinikaufenthalt die beste Lösung sein. Auch in den psychiatrischen Kliniken ist man mit der Behandlung von Traumafolgen meist nicht vertraut und für eine gute Einzelbetreuung fehlt das Personal. Es erfolgt eine Unterbringung, damit eine Entlastung vom Alltag und eine allgemeine Betreuung, Psychopharmaka sollen die Übererregung dämpfen und die Zeit ihr übriges tun, um zu einer geordneten Verarbeitung zu kommen. Es gibt im Ruhrgebiet nur ein spezialisiertes Angebot, die  Traumaambulanz des LVR-Klinikums in Essen. Wir kennen keine Erfahrungen mit dieser Einrichtung. Sollten Sie die Traumaambulanz kennen, wären wir interessiert, welche Erfahrungen Sie dort gemacht haben. 

 

Letzte Bearbeitung dieser Seite: 15.03.2010

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